Hans von Marées – VERKAUFT

Hans von Marées (Elberfeld, Wuppertal 1837 - 1887 Rom)

Chiron und Achilles, 1883

Kreide, weiß gehöht, auf hellbraunem Velin,
58,6 x 46,8 cm (Blatt); 45 x 43,5 cm (Zeichnung)

Provenienz:
Sammlung Peter Bruckmann, Florenz
Sammlung Franz Pallenberg, Rom
Sammlung David Daniels, New York

Literatur:
Meier-Graefe, Julius, Hans von Marées. Sein Leben und Werk, 3 Bde., Bd. II, München und Leipzig 1910, S. 506, Nr. 792
Meier-Graefe, Julius, Hans von Marées. Zeichnungen in drei Mappen. Museumsaus­gabe des Meier-Graefeschen Marées-Werkes, München o.J., Mappe III, Tafel 792

Ausstellung:
Farmer, John David (Hg.), German master drawings oft the nineteenth century, Kat. Ausst. Busch-Reisinger Museum, Harvard University, Cambridge, 5. Oktober - 18. November 1972, Cambridge 1972, Nr. 54, mit Abb.
Kashey, Robert und M. L. H. Reymert (Hgg.), German Drawings and Watercolors 1780-1880, exhib. cat., Shepherd Gallery, Associates, New York, 12. Mai - 11. Juli 1981, Nr. 221, mit Abb.

 

 

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Abb. 1 Hans von Marées, Chiron und Achilles, Wien, Albertina

Das Blatt gehört zu einer Serie von Zeichnungen gleichen Themas, die Meier-Graefe, sich auf ältere Überlieferung stützend, in das Jahr 1883 datiert.[1] Die Idee zu der Komposition Cheiron und Achilles sei auf eine Bitte des Schülers Viktor zur Helle (1839-1904) zurück zu führen. Dieser bat den Lehrer vor der Abreise aus Rom - gemeint ist wahrscheinlich Mareés Reise 1883 nach Deutschland - ein Andenken zu hinterlassen: Marées kam dem Wunsche sofort nach, indem er zunächst auf ein gerade daliegendes Kuvert das Motiv hinwarf, das das Verhältnis des Lehrers zum Schüler symbolisiere (Abb. 1)[2].

Der Künstler dürfte sich in der Gestalt des bärtigen Kentauren gesehen haben. In der griechischen Mythologie ist der weise Kentaur Cheiron der Erzieher so berühmter Helden wie Achill. Auch weist er Asklepios in die Heilkunst ein.[3]

Die Zahl der Studien zu Chiron und Achill legt nahe, dass sie dem Künstler zur Vorbereitung eines Gemäldes dienten, welches dann aus unbekannten Gründen nicht zur Ausführung kam. Die beiden weiblichen Figuren der vorliegenden Fassung, welche die Abschiedsszene aus dem Hintergrund beobachten, könnten Dryaden, in den Bäumen lebende Nymphen, sein (Abb. 2).[4]

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Abb. 2 Hans von Marées, Chiron und Achilles, ehemals Baroness von Pidoll, München

Die differenzierte Gestaltung der Figuren in Körperbildung, Haltung und Gestik, sowie ihrer Beziehung zueinander ist ein wesentliches Kriterium der Kunst Marées. Die Akte werden nicht dahin komponiert, dass Bewegung und Handlung sichtbar werden. Die ganze Auffassung, die das Individuelle und Zeitliche zugunsten des idealischen Typus vermeidet, ist antikisch und folgt der griechischen Skulptur. Marées Kunst ist der späten Antikenbegeisterung des 19. Jahrhunderts verpflichtet, die sich bis in die Moderne fortsetzt und im Werk Pablo Picassos und Max Beckmanns einen Höhepunkt gefunden hat.

Der besondere Charakter des vorliegenden Blattes liegt in seiner aufwändigen Lavierung und den gestuften Weißhöhungen, es gleicht mehr einer Grisaillemalerei als einer Zeichnung. Das malerische Werk Marées auf Leinwand hat sich auf Grund chemischer Zersetzung der Farbschicht leider sehr schlecht erhalten. Vielen Forschern gilt er zu unrecht als ein Künstler der sich primär der Form zugewandt hat und die Farbe vernachlässigt. Die wenigen Fresken Marées, beispielsweise die großartige Ausstattung der Bibliothek der Zoologischen Station in Neapel – eine der ältesten ihrer Art weltweit - geben eine Vorstellung des nuancierten Koloristen. Christian Lenz wies deshalb bereits 1987 darauf hin, dass das Schaffen Marées in vielerlei Hinsicht neu zur Kenntnis genommen werden müsse.[5]

Nach dem Studium an der Berliner Akademie von 1853 bis 1855 bei Karl Steffeck ging Marées 1857 nach München. 1864 reiste er nach Florenz und Rom, um im Auftrag von Adolf Friedrich Graf von Schack Kopien nach Werken Alter Meister anzufertigen. Nach dem Bruch mit Schack 1868 und einigen Jahren in Deutschland bis 1873 übersiedelte Marées erneut nach Italien, wo er von da an überwiegend lebte. Zusammen mit dem befreundeten Adolf von Hildebrand übernahm er die Ausschmückung der Bibliothek der Zoologischen Station in Neapel. Seit 1874 wohnte Marées in dem zu einem Atelierhaus umgebauten ehemaligen Kloster S. Francesco di Paolo bei Florenz mit Hildebrand zusammen. Als die Freundschaft 1875 zerbrach, ging er nach Rom.

Marées Kompositionen scheinen oft der Zeit entrückt. Seine Gestalten in ihrer von der Antike beeinflussten Figurenauffassung thematisieren allgemeine, Generationen übergreifende Bedingtheiten des menschlichen Daseins wie Liebe, Kampf und Tod.[6]


[1] Meier-Graefe überliefert, was zur Helle dem Maler Franz Pallenberg berichtete, siehe Meier-Graefe, 1910, op. cit., S. 502ff und Kat. Nr. 785-799.

[2] Aus dem Nachlass des Malers zur Helle; Blei auf weißem Briefkuvert, 7 x 7 cm, heute Albertina Wien, Inv. Nr. 24.861 F, vgl. Meier-Graefe, 1910, op.cit., Kat.Nr. 785

[3] Homer Ilias 11.831

[4] Meier-Graefe, 1910, op.cit., Kat. Nr. 794, Rötel und Aquarell auf braunem Papier, 44 x 58 cm
Dem Typus der Frauengestalt ähnelt die Figur im Gemälde Die Unschuld bzw. Das Lob der Bescheidenheit. Sie erinnert entfernt außerdem an die Nymphe des 1882/83 entstandenen Gemäldes Pferdeführer und Nymphe, vgl. Meier-Graefe, 1910, op.cit., Kat. Nr. 802 und 611

[5] Vgl. hierzu Lenz, Christian (Hg.), Hans von Marées, Kat. Ausst. Neue Pinakothek und Schack-Galerie München, 11. November 1987 - 21. Februar 1988, München 1987, S. 10, hier auch gutes Bildmaterial zur Zoologischen Station in Neapel.

[6] Neue Pinakothek. Katalog der Gemälde, Pinakothek-Dumont 2003, S. 449

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