Lotte Laserstein – verkauft

Lotte Laserstein (Preußisch Holland 1898 - 1993 Kalmar, Schweden)

Weiblicher Rückenakt, Anfang der 1930er Jahre

Öl auf Papier auf Leinwand, 65 x 50 cm
Signiert oben links Lotte Laserstein.

Provenienz:
Lotte Laserstein
Privatsammlung, Schweden (Laut Angaben des Vorbesitzers gelangte die Arbeit in den 1940er-Jahren direkt aus dem Besitz der Künstlerin in seine Familie)

Ausstellungen:
Lotte Laserstein 1898-1993. Meine einzige Wirklichkeit, Berlin, Museum Ephraim-Palais, November 2003 - Februar 2004, und Kalmar Konstmuseum, 2004
Sternverdunkelung. Lotte Laserstein und Nelly Sachs – Bedingungen des Exils, Stockholm, Judiska museet, April-August 2005, Nr. 13

Literatur:
Anna-Carola Krausse, Lotte Laserstein (1898-1993). Leben und Werk, Berlin 2006, Nr. M 1931/4

Wir danken Frau Dr. Anna-Carola Krausse, Berlin, für ihre Hilfe bei der Recherche, Identifikation und Datierung des Gemäldes.

 

 

In der Fachliteratur wird Lotte Laserstein heute vorrangig als Schöpferin monumentaler Akte gesehen. An sich war es in den zwanziger Jahren für eine Malerin keine Besonderheit mehr, ein Sujet aufzugreifen, das aufgrund der spezifischen Ausbildungssituation von Künstlerinnen Jahrhunderte lang eine Domäne der Männer gewesen war. Es ist wohl eher die Direktheit mit der Lotte Lasterstein ihre Modelle ins Bild setzte, die bis in unsere Tage aufmerken lässt.[1] Die neue Bildsprache in Fotografie und Werbung hat im Wechselspiel das ihre dazu beigetragen.

Lasersteins Akte sind sorgfältig und planvoll komponiert. Mit virtuosem Pinselstrich gestaltet sie einen sinnlichen Rückenakt, der seinen ästhetischen Reiz aus der Spannung zwischen Skizzenhaftigkeit und delikater Ausformulierung zieht. Der zügige expressive Hintergrund steht reizvoll neben der zart lasierenden Modellierung des Körpers. Bemerkenswert ist die Technik großformatig Öl-auf-Papier zu malen. Schon früh hatte Laserstein damit experimentiert. Nach 1933 jedoch, als die Malerin wegen ihres jüdischen Hintergrunds zunehmend aus dem öffentlichen Kunstleben ausgeschlossen wurde und auch nur noch unter Schwierigkeiten Malmaterialien beziehen konnte, perfektionierte sie diese Technik.[2]

Laserstein

Abb. 1 Lotte Laserstein, Selbstbildnis, 1924/5, Öl auf Pappe, 31 x 24.4 cm, verkauft Daxer & Marschall, München

Die Laserstein Expertin Dr. Anna-Carola Krausse datiert unseren Rückenakt Anfang der 1930er Jahre. Die malerische Meisterschaft belegt, dass die Künstlerin auf dem Höhepunkt ihres Schaffens stand.[3]

Lotte Laserstein war eine in Berlin lebende deutsche Künstlerin der Neuen Sachlichkeit. Als Frau in einer damals männlich dominierten Kunstwelt und bedingt durch ihren jüdischen Hintergrund, bewegte sie sich in mehrfacher Hinsicht außerhalb der herrschenden Konvention. So ist es umso bemerkenswerter, dass es ihr als eine der ersten Frauen gelang, an die Berliner Kunstakademie aufgenommen zu werden, wo sie 1925 die Goldmedaille errang. Lasersteins Fixierung auf die Darstellung von Menschen[4] hatte sich bereits früh angedeutet und wurde an der Akademie durch den Unterricht bei Professor Erich Wolfsfeld (1885-1956) verstärkt. Das Werk Wilhelm Leibls hatte großen Einfluss auf ihre Malerei. Seit der Zulassung zur Akademie 1921/22 und während ihres gesamten Studiums war Laserstein Wolfsfelds Schülerin und blieb ihm auch in ihren letzten beiden Studienjahren während der Meisterklasse treu. Sie hatte nun ein eigenes Atelier, Malmaterial, und Modelle zur Verfügung und unterrichtete ab 1927 in der eigenen privaten Malschule. Ihre finanzielle Situation blieb angespannt. [5] 1925 lernte sie auch Traute Rose kennen, die ihre Freundin und ihr Lieblingsmodell wurde. Bis zum Frühjahr 1934 war sie auf Ausstellungen in ganz Deutschland vertreten. Dann wurde die junge jüdische Malerin aus dem öffentlichen Leben gedrängt. 1937 war Laserstein gezwungen, nach Schweden zu emigrieren, wo sie bis zu ihrem Tod lebte. Wie viele andere Künstler ihrer Generation konnte sie im Exil nicht mehr an jene Bedeutung anknüpfen, die sie im Berlin der 1930er Jahre hatte.

Nach einer langen Zeit in Vergessenheit brachte eine Ausstellung 1987 bei Agnews & Sons und Belgrave Galerie in London ihre Werke wieder ans Licht, 2003 erfolgte die erste umfassende Lotte Laserstein Retrospektive in Berlin. Ausstellungen in öffentlichen Sammlungen folgten. Heute ist die Künstlerin auch in deutschen Museen vertreten – die Berliner Nationalgalerie erwarb Lasersteins Hauptwerk Abend über Potsdam und das Städel in Frankfurt erst kürzlich Mädchen mit Puderdose. Das Münchner Lenbachhaus zeigte von ihr das vor kurzem entdeckte Gemälde Im Gasthaus. In Deutschland sind 2017 und 2018 große Ausstellungen geplant, die diese wichtige Malerin der Zwischenkriegszeit einer immer größeren Öffentlichkeit zugänglich machen werden.[6]


[1] Vgl. Anna-Carola Krausse, Lotte Laserstein (1898-1993); Leben und Werk, Berlin 2006, S. 145.

[2] Vgl. Expertise von Frau Krausse, Januar 2017.

[3] Vgl. Expertise von Frau Krausse, Januar 2017.

[4] Krausse, op. cit., S. 54.

[5] Auch nach Lasersteins Zeit an der Akademie blieben beide freundschaftlich verbunden. Wolfsfeld unterstützte sie zudem zeitweise, insbesondere während der NS-Zeit, mit Malmaterial. Vgl. Krausse, op. cit., S. 53, v.a. Fußnote 170.

[6] Glanz und Elend in der Weimarer Republik. Von Otto Dix bis Jeanne Mammen, Kat. Ausst. Frankfurt, Schirn Kunsthalle, 28. Oktober 2017 - 25. Februar 2018.

Kommentare sind deaktiviert

Durch die weitere Nutzung der Seite stimmen Sie der Verwendung von Cookies zu. Weitere Informationen

Die Cookie-Einstellungen auf dieser Website sind auf "Cookies zulassen" eingestellt, um das beste Surferlebnis zu ermöglichen. Wenn du diese Website ohne Änderung der Cookie-Einstellungen verwendest oder auf "Akzeptieren" klickst, erklärst du sich damit einverstanden.

Schließen